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Erfolgreiches Praxisbeispiel Bancassurance

Lösung des Innovationsdilemmas für etablierte Versicherer

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In Zeiten wie diesen müssen traditionelle Banken und Versicherungsunternehmen ihre Position gegen aggressive Startups verteidigen und stehen unter Zugzwang. Sie müssen beginnen, selbst innovativ zu werden – stecken jedoch im Dilemma, dass das bestehende Geschäft die vorhandenen knappen IT-Ressourcen stark bindet. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern konnte sich der Vertrieb von Versicherungsprodukten über Banken in den deutschsprachigen Ländern noch nicht flächendeckend durchsetzen.

Die Anivo 360 AG setzte mit der Basellandschaftlichen Kantonalbank in kürzester Zeit eine Bancassurance-Lösung erfolgreich um, deren bisherige Ergebnisse die Erwartungen der Projektpartner übertreffen. Technologische Basis der Lösung ist AnivoCore.

Damit wird nicht nur Banken und Ökosystempartnern, sondern auch Versicherern die Möglichkeit geboten, neue Versicherungsprodukte innert Wochen technologisch abzubilden und breit auszurollen, ohne die eigenen IT-Ressourcen belasten zu müssen.

Viele Banken stellen sich aktuell die Frage, welche Rolle sie künftig im Leben ihrer Kunden spielen wollen. Wird es genügen, die klassischen Bankprodukte und Dienstleistungen anzubieten, um sich von digitalen «Attacker-Banken» wie Revolut oder N26 zu unterscheiden? Wo verdient eine Bank noch Geld, wenn beispielsweise Zahlungsverkehr, Fremdwährungstransaktionen oder der Handel mit ETF-Produkten von neuen Marktteilnehmern plötzlich gratis angeboten werden? Wie hält eine Bank ihre Kundenbeziehungen lebendig, wenn beispielsweise Hypotheken vermehrt über Vermittler gekauft werden? Und wie stellt sich eine Bank neu auf, wenn die Kunden immer seltener bereit sind, eine Bankfiliale zu besuchen?

Mögliche Antworten auf diese Fragen und was das alles mit dem Innovationsdilemma von Versicherern zu tun hat, lesen Sie in diesem Beitrag.

Eine Möglichkeit für Banken, die Kundenbindung zu erhöhen und gleichzeitig zusätzliche Einnahmen zu generieren, ist der Verkauf von zusätzlichen Dienstleistungen und Produkten wie beispielsweise Versicherungen. Die Bank- und Versicherungsbranche sind ja insofern miteinander verwandt, als beide Finanzprodukte anbieten. Bankberatende sind in Finanzangelegenheiten gut ausgebildet. Oberflächlich betrachtet könnte man also annehmen, dass es ihnen leichtfallen sollte, ihren Kunden Versicherungsprodukte zu erklären und entsprechend Policen zu verkaufen.

Die Realität spricht allerdings eine andere Sprache. In Deutschland, Österreich und der Schweiz konnte sich Bancassurance bislang nicht durchsetzen. Die jüngst vom Institut für Versicherungswirtschaft (I.VW-HSG) veröffentlichte Studie Einführung in die Bancassurance zeigt, dass in Ländern wie Portugal, Italien, der Türkei oder Frankreich Bancassurance im Versicherungsvertrieb mit bis zu 80 Prozent Marktanteil eine wesentlich grössere Rolle spielt. Der Ansatz kann also durchaus funktionieren. Warum jedoch nicht in deutschsprachigen Ländern?

Anivo Bancassurance

Anivo-Versicherungsexperte im Video-Gespräch mit Bankkunden und Bankberatendem

Um dieser Frage nachzugehen, sind die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) – eine führende Schweizer Kantonalbank mit einer Bilanzsumme von CHF 24 Mrd. – und die Anivo 360 AG (Anivo) – ein Insurtech mit Standorten in der Schweiz und in Österreich – eine Kooperation eingegangen. Während in einem ersten Schritt die Gründe erforscht wurden, woran Bancassurance in der Schweiz bisher gescheitert ist, wurde in einem zweiten Schritt eine funktionierende Lösung entwickelt, die echte Mehrwerte für die Kunden bringt.

Drei Problembereiche
wurden identifiziert

Eine gemeinsame systematische Analyse ergab drei
Problem- und damit Handlungsfelder:

Handlungsfeld 1: Das Versicherungsprodukt

Konventionelle standardisierte Versicherungsprodukte mittels eines Push-Ansatzes über die Bank zu verkaufen, stiftet den Kunden einer Bank keinen nennenswerten Nutzen. Im Gegenteil: Es kann sehr schnell passieren, dass bei diesen der Eindruck entsteht, ihr Bankberatender, dem sie ja grosses Vertrauen entgegenbringen, würde ihnen eine Versicherung „andrehen“ wollen, die sie genauso gut (oder sogar besser und günstiger) über ihren Versicherungsagenten oder eine Preisvergleichsplattform beziehen können.

Es ist deswegen essentiell, sich mit den Kunden, ihrer Lebenssituation – zum Beispiel beim Kauf oder der Verlängerung einer Hypothek – und ihren damit verbundenen Sorgen und Nöten auseinanderzusetzen und entsprechende Produkte zu entwickeln, die den individuellen Situationen der Kunden gerecht werden. Startpunkt solcher Überlegungen ist idealerweise immer ein konkretes Kundenbedürfnis, und nicht die Meinung der Produktentwicklungsabteilung, die Möglichkeiten der IT oder die bestehende Produktpalette.

Handlungsfeld 2: Der Beratungsprozess

Je höher die Kosten für ein Versicherungsprodukt aus Sicht eines Konsumenten sind, desto sicherer möchte er beim Kauf einer Police sein, damit eine gute Entscheidung zu treffen. Eine umfangreiche Absicherung der Hypothek und der damit verbundenen Liegenschaft sind mit jährlichen Kosten von mehreren hundert Franken verbunden und entsprechend beratungsintensiv.

Bankberatende verfügen vielfach nur über eingeschränktes Versicherungs-Know-how und wollen das Vertrauen ihrer Kunden nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, wenn ihnen auf deren Fragen zu Versicherungsprodukten zu schnell die Antworten ausgehen.

Handlungsfeld 3: Die Integration

Für Banken stellt die klassische Integration von Versicherungsprodukten in die bestehende Prozess- und IT-Landschaft eine grosse Herausforderung dar. Und auch Versicherungsunternehmen haben sehr grosse Mühen, neue Produkte und Prozesse in sinnvoller Zeit zu implementieren – und diese dann auch laufend zu verbessern.

Aus technologischer Sicht braucht es einen Integrationsansatz, der sowohl für die Bank als auch für das Versicherungsunternehmen so ressourcenschonend wie möglich umsetzbar ist. Ansonsten drohen gemeinsame Vorhaben schon in der Konzeptionsphase zu scheitern.

Neuer
gesamtheitlicher
Ansatz

Basierend auf den in der gemeinsamen Analyse gesammelten Erkenntnissen entwickelten die Kooperationspartner BLKB und Anivo gemeinsam mit der Bâloise Versicherung zwei komplett neue Versicherungsprodukte im Kontext des Erwerbs von Wohneigentum. Beide Produkte wurden innerhalb von zwölf Wochen konzipiert, berechnet und technisch auf der Anivo-Technologie umgesetzt. Ein Produkt dient zur umfangreichen Absicherung von Liegenschaften, das andere sorgt für die Fortzahlung der Hypothek bei unvorhersehbaren Ereignissen wie Tod, Arbeitslosigkeit oder Trennung – beides Produkte, die so auf dem Schweizer Markt bislang nicht verfügbar waren.

Spezielle Innovation:

Den Kunden wird ein monatliches Kündigungsrecht eingeräumt. Die Prämien beider Produkte lassen sich mit nur vier Parametern zum Gebäude respektive zur Familiensituation berechnen.

Spezielle Innovation:

Versicherungsabschluss erfolgt ohne Unterschrift. Der Videobeweis einer mündlichen Willenserklärung durch den Kunden genügt. Der Kunde erhält die Versicherungspolice per E-Mail unmittelbar am Ende der Beratung.

Der Beratungsprozess wurde indessen folgendermassen gestaltet: Der Bankberatende bespricht im Zuge einer regulären Hypothekarberatung mit seinen Kunden mögliche Risiken. Bei Interesse zieht der Bankberatende einen Versicherungsexperten von Anivo live per Video-Gespräch hinzu. Das betreffende Beratungsgespräch wird vorab durch die Bank terminlich avisiert. Der Anivo-Versicherungsexperte erörtert mit dem Kunden dessen persönliche Lebenssituation und macht sich ein Bild der Immobilie. Darauf basierend bietet er dem Kunden entsprechende Versicherungsprodukte an und konfiguriert diese direkt am Bildschirm.

Resultate
nach einem
halben Jahr

Seit dem Start im April 2018 wurden bis anhin rund 2’500 Beratungsgespräche durchgeführt. Die Resultate übertreffen die Erwartungen aller Beteiligten (siehe Grafik).

Ergebnisse mit dem ersten Bankpartner

Ergebnisse über den Erwartungen aller Beteiligten

  • Eine Absicherung von Risiken im Zusammenhang mit Wohn­eigentum ist für die Kunden der BLKB von höchster Relevanz. Sie kommen dafür auch gerne in die Bankfiliale. Aus Bankensicht hat dies hohe Relevanz in Bezug auf die Anzahl persönlicher Touch­points mit den Kunden, die Kunden­loyalität und die Möglichkeit, weitere Themen zu adressieren.
  • Der innovative Beratungs­ansatz, dem Bank­beratenden während des Bankberatungs­­gesprächs einen Versicherungs­­experten per Video-Gespräch zu­zuschalten, trifft bei den Bank­kunden auf breite Akzeptanz. Sie erhalten eine hoch­­professionelle Versicherungs­­beratung während ihnen ihr Bank­­beratender letzte Sicherheit gibt, eine gute Entscheidung zu treffen. Die Lösung funktioniert nicht nur technisch, sondern ist durch die Orts­­ungebundenheit der Versicherungs­beratenden effizient und damit sehr ökonomisch.
  • Setup und laufende Weiter­­entwicklung des Beratungs­­prozesses sowie der Versicherungs­produkte orientieren sich an den Geschäfts­vorfällen der Bank. Dadurch wird sichergestellt, dass die Produkte für Bankkunden relevant, transparent und kunden­­freundlich sind, was zu ausgezeichneten Abschluss­­quoten führt.

Seit Einführung der Lösung wurde das innovative Produkteportfolio von zwei auf fünf Versicherungsprodukte erweitert. Mehr als 1’000 Kunden der BLKB haben das Angebot, ihr Wohneigentum umfangreich zu schützen, bereits angenommen.

Aktuell werden weitere Bundlinglösungen auch für andere Geschäftsvorfälle und Kundensegmente erarbeitet. Darüber hinaus werden die Erfahrungen aus über 2 500 Beratungsgesprächen genutzt, um volldigitale Lösungen zu entwickeln, die nicht nur der BLKB, sondern auch weiteren Banken und Vertriebspartnern zur Verfügung gestellt werden.

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Versicherer im Dilemma

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«Run the Business vs. Change the Business»

In den vergangenen Monaten wurden in den Versicherungs­unternehmen die Budgets für das Jahr 2019 diskutiert und traditionellerweise wurden diese zwischen «Run the Business» versus «Change the Business» aufgeteilt. In der Regel erfolgt diese Aufteilung in einem Verhältnis von etwa 80/20. Führt ein Versicherer gerade ein neues Bestandssystem ein, verschiebt sich das Verhältnis zuweilen in Richtung 95/5. Durch die erforderliche Priorisierung von Kernressourcen werden Produkt- und Vertriebs­innovationen über Jahre hinaus blockiert. Wer das akzeptiert, ist wahrscheinlich der Meinung, dass sich die Versicherungs­welt die nächsten Jahre nicht weiterbewegen wird.

Die Anzeichen sprechen jedoch dagegen: Alleine im November 2018 hat beispielsweise das US-israelische Insurtech Lemonade angekündigt, nach Europa zu expandieren, und der weltgrösste Versicherungskonzern Ping An hat bekannt gegeben, sich mit EUR 41.5 Mio. am Berliner Company Builder Finleap zu beteiligen. Versicherungsunternehmen müssen sich die Frage stellen, wie sie sich in einer sich rasch verändernden Welt aufstellen möchten, wenn neue digitale Ökosysteme in wenigen Jahren entstehen und schnelle, finanzkräftige Mitbewerber in den Markt eindringen.

Gleichzeitig für Versicherer überlebensnotwendig: Die Pflege bestehender Kundenbeziehungen, die Unterhaltung bestehender Produktportfolios und die Erneuerung von IT-Systemen dürfen nicht vernachlässigt werden.

Aus diesen Überlegungen heraus ergibt sich ein Dilemma: Wie kann ein Versicherer angesichts limitierter IT-Ressourcen, die die gesamte Branche vor allem im personellen Bereich belasten, erfolgreich und mit der notwendigen hohen Geschwindigkeit innovativ werden, ohne dabei allzu große Risiken einzugehen?

Vielversprechender Ansatz
für Versicherer

Eine Möglichkeit mit diesem Dilemma umzugehen, könnte sein, mit jungen Technologie­firmen zu kooperieren, deren einziger Fokus es ist, Innovationen in der Versicherung­sindustrie hervorzubringen.

Mit AnivoCore bietet Anivo seinen Erst- und Rück­versicherungs­partnern basierend auf neuesten Technologien eine sehr zuverlässige, stabil funktionierende und hoch­skalierbare Plattform für die Entwicklung, den Vertrieb und den Betrieb von Versicherungs­lösungen. (siehe Grafik)

Mit AnivoCore lassen sich zudem neue Produkte sämtlicher Sparten innert weniger Wochen entwickeln und in Betrieb nehmen, ohne bestehende IT-Systeme zu tangieren. Es benötigt lediglich einen Rahmenvertrag im Bestands­führungs­system, unter welchem die neuen Policen verbucht werden können.

Das Datenmodell von AnivoCore wurde von Grund auf produktzentriert und für den Mandanten­betrieb konzipiert. Dank dieser echten Mandanten­fähigkeit kann mit dem System eine unbeschränkte Anzahl von Mandanten (z.B. verschiedene Banken, Broker, Agenten und weitere Vertriebs­partner) sehr schnell und einfach abgebildet werden.

AnivoCore Kernfunktionalitäten

Internationale
Partnerschaften

Die Anivo 360 AG hat bewiesen, dass der Anivo-Bancassurance-Ansatz und die Technologie mit Banken in der Schweiz funktionieren. Im nächsten Schritt wird Anivo mit diesem Ansatz in weitere europäische Länder expandieren.

Die Anivo-Technologie-Plattform ist nicht nur für Banken in einem einzigen Land, sondern auch mit einer Bank (oder einem anderen Vertriebspartner) über verschiedene Länder hinweg einsetzbar. Versicherungsunternehmen, die internationale oder globale Partnerschaften eingehen, stehen vor der Herausforderung, sehr heterogene lokale Versicherungsprodukte und IT-Systeme anbinden zu müssen. Einheitliche Produkteframeworks, einheitliche Prozesse und ein konsolidiertes automatisches Reporting über Ländergrenzen hinweg sind für sie jedoch nicht oder nur sehr schwierig realisierbar. Dies bremst die Einführung solcher Projekte erheblich und mindert deren Rentabilität deutlich. Mit AnivoCore lassen sich multinationale Lösungen entwickeln, die sehr schnell ausgerollt werden können und ein effizientes Controlling ermöglichen.

Dieser Beitrag von Anivo CEO Alexander Bojer wurde als Gastbeitrag in der Zeitschrift I.VW Management Information | St. Galler Trendmonitor für Risiko- und Finanzmärkte herausgegeben vom Institut für Versicherungswirtschaft an der Universität St. Gallen in der Ausgabe 04/2018 veröffentlicht. Für eine Fortführung der Überlegungen steht Anivo CEO Alexander Bojer gerne unter der Kontaktadresse alexander.bojer[at]anivo360.com zur Verfügung.

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